Grundsätzliches zu den Fächern in diesem Profil
In diesem Profil sind die Fächer Sozialwissenschaften und Erziehungswissenschaft zu einem gemeinsamen Arbeitsbereich gekoppelt. Das Fach Sozialwissenschaften wird ab der Qualifikationsphase 1 (Q 1) im Jg.12 zum fünfstündigen Leistungskurs. Erziehungswissenschaft wird bis zum Ende der Oberstufe als dreistündiger Grundkurs damit verbunden. Beide Fächer gehören zum gesellschaftswissenschaftlichen Aufgabenfeld. Ihre Inhalte und Methoden weisen zahlreiche Berührungspunkte auf, die sich für gemeinsame Unterrichtsprojekte anbieten und die es ermöglichen, Kenntnisse und Fähigkeiten, die man in einem Fach erworben hat, auf das andere Fach zu übertragen, dort anzuwenden und weiter auszubauen.
(Vgl. Kursangebot im Profil “Gesellschaft und Erziehung”)
Inhalte und Bedeutung der Profilfächer
Das Fach “Sozialwissenschaften” ist ein Integrationsfach, das sich aus mehreren Teildisziplinen zusammensetzt.
Die Kurse der Oberstufe berücksichtigen die Bezugsdisziplinen: Politikwissenschaft, Wirtschaftswissenschaft und Soziologie. Zusammen mit den Gegenständen der Erziehungswissenschaft wird so ein weites Spektrum gesellschaftswissenschaftlicher Themen und Probleme aufgegriffen, die in vielfältiger Weise unseren Alltag beeinflussen. Einige Beispiele mögen das verdeutlichen:
- Der Euro ist in der Krise. Führt diese Krise zum Auseinanderbrechen der Europäischen Union? Wo liegen die Ursachen und mögliche Lösungen für die Schuldenkrise?
- Prominente Persönlichkeiten klagen, “die” Jugend von heute sei konsumorientiert, genusssüchtig und ich-bezogen. Empfohlen wird eine “Rückkehr zur Erziehung”, die sich an Werten wie Ordnung, Fleiß und Pünktlichkeit orientieren solle. — Der angemessene Ausweg?
- In Nachrichtensendungen wird regelmäßig bekannt gegeben, welche Partei gewinnen würde, wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahl wäre. — Wie arbeitet die Meinungsforschung und wie sicher sind ihre Ergebnisse?
- Die Kriminalität scheint ständig anzuwachsen: Straftäter werden immer jünger, die Taten immer brutaler. — Was steckt dahinter; wäre “hartes Durchgreifen” der geeignete Weg zur Kriminalitätsbekämpfung?
- In internationalen Vergleichsstudien schneiden deutsche Schüler/innen nur mittelmäßig ab. — Wird in unseren Schulen zu wenig “gepaukt”? Wie können Schüler am besten lernen?
- Scheidungszahlen nehmen zu, immer mehr Menschen bevorzugen alternative Lebensformen. — Ist die traditionelle Familie am Ende?
Mit diesen und ähnlichen Fragen beschäftigt sich das Profil “Gesellschaft und Erziehung”. Allgemein gesprochen: Es geht um Probleme unseres Zusammenlebens in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft, aber auch in Kleingruppen wie Familie, Freundeskreis. Auch Daten und Fakten sprechen nicht für sich selbst, sondern müssen mit Hilfe von Fachbegriffen gedeutet und auf dem Hintergrund theoretischer Erklärungsmodelle eingeordnet werden. Das Ziel ist es letztlich, mit Hilfe theoretischer Modelle (sei es das Marktmodell, sei es die Demokratietheorie oder ein Modell der geistigen Entwicklung von Kindern) die Strukturen und Prozesse unserer sozialen Umwelt besser zu verstehen, um kompetenter urteilen und gezielter handeln zu können.
Gründe für die Wahl des Profils
Im sozial- und erziehungswissenschaftlichen Unterricht lassen sich Kenntnisse und Fähigkeiten gewinnen, die sich als Vorbereitung für Schüler/innen mit unterschiedlichen Berufsperspektiven eignen: sei es eine kaufmännische Ausbildung, seien es erzieherische Berufe, sei es das Lehramtsstudium oder auch Jura. Auch Schüler/innen, die sich vorwiegend in sprachlichen Fächern stark fühlen, finden hier Gelegenheit, ihre persönlichen Stärken auszuspielen.
Die Wahl des Profils sollte nicht davon diktiert werden, was man vermeiden möchte: Der Wunsch, einer intensiveren Beschäftigung mit den Naturwissenschaften aus dem Wege zu gehen, wäre eine unzureichende Entscheidungsgrundlage. Maßgeblich sollten vielmehr die persönlichen Neigungen und Fähigkeiten sein. Dazu gehört zunächst eine Aufgeschlossenheit für die fachspezifischen Themen und Probleme.
Zur Arbeitsweise der Fächer
Erziehungs- und Sozialwissenschaften arbeiten mit unterschiedlichen Forschungsmethoden. Grob gesprochen handelt es sich zum einen um empirische Methoden der Datenerhebung (Beobachtung, Experiment, Sozialstatistik), zum anderen um Methoden des Sinnverstehens, beispielsweise bei der Interpretation von Gesprächssituationen und Handlungsabläufen oder bei der Analyse von Texten.
Wer sich für dieses Profil interessiert, sollte darüber hinaus Freude am Diskutieren und Argumentieren mitbringen. Erziehungs- und sozialwissenschaftliche Fragestellungen führen selten zu Lösungen, die eindeutig wahr oder falsch sind. Vielmehr müssen unterschiedliche Sichtweisen, Lösungsvorschläge und Theorieansätze gegeneinander abgewogen, interpretiert und auf ihre Begründungen hin überprüft werden. Wer an einer solchen diskursiven “Denkarbeit” Spaß empfinden kann, wird im Profil “Gesellschaft und Erziehung” auf seine “Kosten” kommen können.
Gestaltung des Profils “Gesellschaft & Erziehung”
Im Unterricht der Schwerpunktfächer werden grundlegende Methoden und Denkweisen, Fachbegriffe und Theorieansätze der Erziehungs- und Sozialwissenschaften an unterschiedlichen Themen schrittweise erarbeitet und auf ihre praktische Bedeutung hin diskutiert. In der Einführungsphase hat die handlungsorientierte Einführung in Methoden der empirischen Sozialforschung einen besonderen Stellenwert.
Dabei wird berücksichtigt, dass die beiden Schwerpunktfächer für die Schüler/innen “Neuland” bedeuten, da sie sie in der Sekundarstufe I nur im Rahmen von Politik oder Gesellschaftslehre ansatzweise kennen gelernt haben.
Durch die neuen Regelungen der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die gymnasiale Oberstufe (APO-GOSt) werden die Schüler/innen im Profil “Gesellschaft und Erziehung” in zwei Halbjahren der Qualifikationsphase (Q 1) im Jg. 12 einen zweistündigen Projektkurs belegen können, der die Facharbeit ersetzt. Hierfür ist zum Ende des ersten Halbjahres ein Zwischenbericht und am Ende eine Projektdokumentation vorzulegen.
Autoren: A. Klimek / C. Ramb